felicitas hoppe und brigitte schwens-harrant: "man muss wissen, wer weggeht und wer nicht zurückkommt – alles andere ist sinnlos" >>

"ich finde es übrigens völlig normal, dass man fremd ist. ich habe es immer komisch gefunden, dass leute so darauf aus sind, sich nicht fremd zu fühlen – das hat wahrscheinlich mit ihrer schwäche zu tun. harmonie ist eine täuschung. harmonie ist nichts anderes als bequemlichkeit – das ist ok, menschen sind nicht so kraftvoll, brauchen kompromisslösungen. Das ist kein argument gegen die harmonie und gegen den kompromiss, aber das grundgefühl – und über das ist ja zu sprechen in der literatur, sonst schriebe man nicht – ist natürlich eines des abgetrennt-seins. wenn ich mich nicht abgetrennt fühle, muss ich auch nicht schreiben, dann mische ich mit." (felicitas hoppe)

felicitas hoppe, geboren 1960 in hameln, studierte in hildesheim, tübingen, eugene/oregon (usa), berlin und rom und lebt als freie schriftstellerin in berlin. 1996 erschien ihr debüt "picknick der friseure", für das sie mit dem aspekte-literaturpreis ausgezeichnet wurde. 1999 folgte der roman "pigafetta", 2003 "paradiese, übersee", 2004 "verbrecher und versager", 2006 "johanna", 2008 "iwein löwenritter", 2012 "hoppe", 2018 "prawda. eine amerikanische reise". 2012 wurde sie mit dem georg-büchner-preis ausgezeichnet.

 

lukas ricken: literatur und letzte gedanken bei dieter henrich >>

theologie, die sich mit literatur befassen will und diese nicht bloß zum stichwortgeber degradiert, bedarf einer angemessenen philosophischen grundlegung. unter rückgriff auf das werk dieter henrichs erarbeitet der beitrag erste grundzüge einer theorie wahrheitsstiftender fiktionalität und deutet mögliche praktische fortführungen an.

lukas ricken ist. wissenschaftliche hilfskraft am seminar für religionspädagogik an der universität bonn. studium der germanistik und kath. religionslehre an der universität münster, master of education, master of arts. jüngste veröffentlichung: selbstbehauptung in fiktion. zur dynamik moderner subjektivität bei hans blumenberg und dieter henrich, berlin 2014.

 

peter zeillinger: und wieder stehen wir am areopag …
christliche predigt und die rhetorik der "postmoderne"
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eine ent-täuschung: "postmoderne" meint weder beliebigkeit noch auflösung aller wahrheit. sie ist vielmehr das wagnis, auch von dem noch zu sprechen, von dem man nicht (mehr) sprechen kann. nach dem scheitern aller versuche philosophischer oder politischer letztbegründungen stellt sich die frage: wie überhaupt noch sprechen? zeitgenössisches denken, die "böse" dekonstruktion, sowie die sprachgestalt der biblischen tradition(en) und ihrer vermittlung (bekenntnis, zeugnis, predigt) sind einander ähnlicher, als vielen lieb ist.

mag. dr. peter zeillinger ist theologe und philosoph. wissenschaftlicher assistent in der theologischen erwachsenenbildung (www.theologischekurse.at). lehraufträge für zeitgenössische philosophie an der philosophischen fakultät der universität wien, sowie für fundamentaltheologie an der katholisch-theologischen fakultät in wien. zahlreiche publikationen zu französischer gegenwartsphilosophie (derrida, levinas, badiou, …), sowie politischer theologie und politischer philosophie (www.peter-zeillinger.at). projektverantwortlicher der "basisinfo christentum" (www.basisinfo.at).

 

jörg seip: die bibel und die literatur. eine poetische spurensuche >>

ist die bibel literatur? während dieser frage vor allem theologen zustimmen, mahnen literaturwissenschaftler bedenken an. das verhältnis von bibel und literatur reflektiert der beitrag auf drei unterschiedlichen ebenen: inhaltlich anhand dreier autoren (ferdinand schmatz, paul celan, christine lavant), methodisch mithilfe hermeneutischer wie antihermeneutischer verfahren und funktional im fazit.

dr. habil. jörg seip ist lehrbeauftragter für homiletik an der theologischen fakultät paderborn. 2002 veröffentlichte er "einander die wahrheit hinüberreichen. kriteriologische verhältnisbestimmung von literatur und verkündigung".

 

christine heukamp: das subjekt und sein geschlecht bei simone de beauvoir und judith butler oder von der 'befreiung der frau' zur 'dekonstruktion des denkens' >>

dekonstruktion und diskursanalyse haben das machtpolitische system "hinter" der sprachlichen verfassung von wirklichkeit offengelegt: normen werden konstruiert, nicht abgeleitet. diese nachmoderne grundsicht ist von relevanz für die geschlechterfrage. zwei paradigmatische positionen (simone de beauvoir und judith butler) werden dazu vorgestellt und kritisch befragt. kurz: wohin führt der genderdiskurs?

christine heukamp studiert theologie und germanistik an der universität münster. der beitrag entstand im ws 05/06 als seminararbeit zu dem von dr. sigrid g. köhler geleiteten seminar "judith butler – und alles nur gender?".

 

"ich klebe an gott"
ernst jandl im gespräch mit cornelius hell
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"daß ich überhaupt immer wieder auf dieses wort, auf diesen begriff gott, wenn man will, zurückgeworfen werde, könnte als ein kleben an diesem begriff bezeichnet werden, wobei zwischen 'ich klebe an gott' und 'ich glaube an gott' ein ganz enormer unterschied ist, aber ich glaube, kein totaler. denn auch ein glauben an gott bedeutet ein kleben an gott, ein nicht-loskommen." ernst jandl

 

gerhard droesser: koppelung und bruch
zur gesellschaftlichen funktion des eucharistischen
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eucharistie – das ist für säkulare zeiten doch nur eine propädeutische grammatische übung. doch gerade das befragt der beitrag aus einer außenperspektive: was hat das eucharistische mit der welt zu tun? schließlich ist religion als das andere des säkularen unterbrechung der gesellschaftlichen kommunikation.

dr. dr. gerhard droesser, professor für christliche sozialwissenschaft der universität würzburg; veröffentlichungen u.a. "freiheitspraxis im prozess. zur geschichtsanthropologischen grundlegung einer theologie des ethischen. bd. I-III" (1992) und "praxisreflexion. über die differenzeinheit historischer und ethischer vernunft. studien zur theorie der geschichte: herder ­– simmel – gadamer – lukács – sartre" (1993), herausgeber der reihe "kulturen – moderne – relationen" (lang-verlag, frankfurt).

 

cornelius hell: "in eine nichtsakrale tollheit stürzen"
e. m. ciorans nähe und distanz zur mystik
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e. m. ciorans verhältnis zu christlicher und außerchristlicher mystik wird in seiner entwicklung nachgezeichnet. kernfrage des beitrages ist, ob sich cioran selbst als mystiker verstanden und welche gestalt seine spezifische verbindung von skepsis und mystik hat. ein resümee stellt thesenhaft die herausforderung dar, die ciorans werk für christliche mystik bedeutet.

mag. cornelius hell ist ressortleiter "feuilleton" der wochenzeitung "die furche" in wien, journalist und publizist. studium der germanistik und theologie in salzburg. publikationen u. a.: skepsis, mystik und dualismus. eine einführung in das werk e. m. ciorans. bonn 1985. henisch, hiob, heine. beobachtungen zu poesie, religion und ironie bei peter henisch. in: peter henisch. hg. v. walter grünzweig und gerhard fürst. graz 2003. s. 81-91

 

wolfgang wiesmüller: zwischen poesie und gebrauchsliteratur
gebetslyrik nach 1945
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aus sicht von theologie und literaturwissenschaft bildet die schnittstelle von gedicht und gebet die sprachproblematik. in der gebetslyrik nach 1945 kann man je nach rezeption poetische und pragmatische gebete unterscheiden. während poetische gebete vom ungenügen der tradierten religiösen sprache zeugnis geben, scheint religiöse gebrauchsliteratur demgegenüber von sprachreflexion und sprachproblematik im wesentlichen unberührt.

dr. wolfgang wiesmüller, ao. universitätsprofessor am institut für deutsche sprache, literatur und literaturkritik der universität innsbruck. studium der theologie, germanistik und pädagogik an der universität innsbruck. mitarbeiter der historisch-kritischen stifter-ausgabe. publikationen zur österreichischen literatur des 19. und 20. jahrhunderts, zur lyrik nach 1945 (c. lavant, c. busta, naturlyrik, religiöse lyrik), zum historischen roman und zur intertextualität zwischen bibel und literatur.

 

martin a. hainz: imitation als poiesis?
ein orthodoxie-problem, auch bei friedrich gottlieb klopstock
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klopstocks messias: ein fades werk. das langweilige des messias hat einen triftigen grund: die ontologie des werkes. die anlage ist undramatisch, weil die erlösung undramatisch ist. kein drama des kampfes von gut und böse entfaltet sich da, sondern ordnung, die sich im messias in dessen metrik aktualisiert.

dr. martin a. hainz, literatur- und kulturwissenschaftler, philosoph. lehrbeauftragter am institut für germanistik der universität wien. "entgöttertes leid" (2005), "lunovis ips'albumst" (2005), "masken der mehrdeutigkeit". zahlreiche aufsätze zur deutschen und österreichischen literatur; mitglied des herausgebergremiums der historisch-kritischen rose ausländer-edition (2005ff). derzeit habilitation zu f. g. klopstock.