ellen geiser: das leistungssubjekt und die literatur >>

literatur unterbricht. gerade das ist heilsam für eine sich durch leistung bestimmende gesellschaft. literatur und mit ihr der akt des lesens können eine taktik sein, den leistungsdogmatismus zu befriedigen. ausgehend von der diagnose der „müdigkeitsgesellschaft“ nach byung-chul han befragt der essay die literatur als einen möglichen ausweg.

ellen geiser, studentin der kath. theologie an der universität bonn, 7. semester

 

veronika schuchter: "ha, holofernes, achtest du mich jetzt?" biblische gewalttäterinnen zwischen heldentum und täterschaft am beispiel der judit-rezeption >>

als schier unendlicher inspirationssteinbruch wurde die bibel immer schon genutzt, verführerische und grausame frauenfiguren erfreuen sich aber besonderer beliebtheit und stellen damit den gegenpol zu den heerscharen an madonnenbildnissen dar. keine "täterin" hat die fantasie stärker angeregt als die figur der judit. sie kann als paradigmatisch gelten, sowohl für die hochgradig funktionalisierte, geschlechtlich codierte darstellung weiblicher gewaltakte als auch für die rezeption mythischer und biblischer figuren.

dr. veronika schuchter, geboren 1984 in hall in tirol. studium der geschichte und deutschen philologie in innsbruck, wissenschaftliche mitarbeiterin am institut für germanistik der universität innsbruck. veröffentlichung unter anderem: "textherrschaft. zur konstruktion von opfer-, heldinnen- und täterinnenbildern in literatur und film" (2013).

 

felicitas hoppe: man muss eben ein sohn gottes sein
erinnerung an j. d. salinger
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die persönliche religiöse, oder besser spirituelle karriere des schriftstellers j. d. salinger, dessen schmales werk, den "fänger im roggen" ausgenommen, heute kaum noch gelesen wird, ist auch ohne jeden biografischen kommentar intellektuell wie literarisch bemerkenswert. "franny und zooey" ist ein eigentümlich dramatisches exerzitium aus den fünfziger jahren des letzten jahrhunderts, das auf einmal wieder ziemlich gegenwärtig ist.

felicitas hoppe, geboren 1960 in hameln, studierte in hildesheim, tübingen, eugene/oregon (usa), berlin und rom und lebt als freie schriftstellerin in berlin. 1996 erschien ihr debüt "picknick der friseure", für das sie mit dem aspekte-literaturpreis ausgezeichnet wurde. 1999 folgte der roman "pigafetta", 2003 "paradiese, übersee", 2004 "verbrecher und versager", 2006 "johanna", 2008 "iwein löwenritter". die autorin wurde mit zahlreichen preisen ausgezeichnet.

 

bernhard braun: melden der welt weise noch etwas?
was wird aus den propheten im virtuellen dorf
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die nachfrage nach orientierung und sinn jenseits der perfekten benutzeroberfläche virtueller cyberwelten bleibt den kaffeesatz- und vogelflugdeutern der gegenwart überlassen. die weisen, die am gewirk des sinnes dieser welt und an den äonen überdauernden gesetzen des seins weben, scheint es nicht mehr zu geben. ist die prophetie zu ende, das seil des schicksals zerfasert in das geflecht des world wide web?

dr. bernhard braun ist assistenzprofessor am institut für christliche philosophie der universität innsbruck. studium der philosophie und chemie in innsbruck und salzburg; mitarbeiter beim theologischen fernkurs; 1993/94 chefredakteur der wochenzeitung "präsent". arbeitsgebiete: philosophiegeschichte und metaphysik, religionsphilosophie, politische philosophie, ästhetik, kunst- und kulturphilosophie. veröffentlichungen u.a.: "die zerrissene welt" (1996), "das feuer des eros. platon zu einführung" (2004).

 

gerhard droesser: wahrnehmungskunst und kunstwahrnehmung
zur funktion der (selbst)erzählung für die praxis
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der roman unterbricht die "einsamkeit der selbstreflexion" und mischt sich als anderes in die ethische selbstorientierung des lesers. was dabei "selbsterzählung" heißt, wird unter zuhilfenahme moderner und nachmoderner frageansätze beleuchtet: herangezogen werden dabei theorieimpulse kierkegaards, descartes', freuds, nietzsches, benjamins, baudelaires und sartres.

dr. dr. gerhard droesser, professor für christliche sozialwissenschaft der universität würzburg; veröffentlichungen u.a. "freiheitspraxis im prozess. zur geschichtsanthropologischen grundlegung einer theologie des ethischen. bd. I-III" (1992) und "praxisreflexion. über die differenzeinheit historischer und ethischer vernunft. studien zur theorie der geschichte: herder ­– simmelgadamerlukácssartre" (1993), herausgeber der reihe "kulturen – moderne – relationen" (lang-verlag, frankfurt).

 

martin a. hainz: translation als transsubstantiation
kleiner essay über babel, gott, welt, also: kata holon
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these des folgenden essays ist: ein text ist nicht aus auf ein resultat, sondern er ereignet sich. für jede übersetzung impliziert das allerdings ein problem: wie ist zu übersetzen, wenn die übersetzung eine begegnung ist, die nicht ankommt? was ist das transitorische einer übersetzung?

dr. martin a. hainz, literatur- und kulturwissenschaftler, philosoph. lehrbeauftragter am institut für germanistik der universität wien. "entgöttertes leid" (2005), "lunovis ips'albumst" (2005), "masken der mehrdeutigkeit". zahlreiche aufsätze zur deutschen und österreichischen literatur; mitglied des herausgebergremiums der historisch-kritischen rose ausländer-edition (2005ff). derzeit habilitation zu f. g. klopstock.

 

jochen schmidt: roth's rotten prophet
on reading negative phenomena of culture
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the text explores the kinship between the main character of philip roth's novel "sabbath's theater", mickey sabbath, and the strange messiah sabbatai sevi, who initiated the heretical movement of sabbatianism. perceiving this kinship may sharpen our perception for the common denominator of these two sabbaths: the dialectical notion of salutary destruction.

dr. jochen schmidt ist habilitand (systematische theologie) an der rheinischen friedrich-wilhelms-universität bonn. er veröffentlichte 2006 u. a. "vielstimmige rede vom unsagbaren. dekonstruktion, glaube und kierkegaards pseudonyme literatur".

 

brigitte schwens-harrant: ein mozart wie gott
kritische anmerkungen zu eric-emmanuel schmitts
"mein leben mit mozart"
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in gegenwärtigen bestsellern erblüht eine neue form der alten erbauungsliteratur und sie treibt sonderbare blüten. eric-emmanuel schmitts frohe und zum jubiläumsjahr passende botschaft lautet:
kehrt um und glaubt an mozart! 

dr. brigitte schwens-harrant leitet das literaturressort der österreichischen wochenzeitung "die furche". publikationen, literaturkritiken, vorträge und seminare zu österreichischer und internationaler gegenwartsliteratur und zu religion & literatur. 

 

SAID: ein blinder, zwei flüsse >>

"noch heute geht es mir so, daß das persische freier, wilder mit mir umspringt. das deutsche verlangt, auch von seinem gast, eine ordnung, um nicht zu sagen zucht. das persische ergreift mich; zum deutschen greife ich. jede von diesen sprachen übt ihren zwang auf mich. das deutsche gebietet, präzis zu sein und zielstrebig, als hätte es ewig keine zeit. das persische läßt mir auf seinem wege zeit, um bilder einzufangen und sie wiederzugeben."

SAID wurde 1947 in teheran geboren und kam 1965 als student nach münchen. er veröffentlichte zahlreiche gedichte, etwa den band "sei nacht zu mir" oder "außenhaut binnträume", sowie essays wie zuletzt "ich und der islam". zurzeit schreibt er unter anderem an 99 psalmen – in anlehnung an die 99 namen gottes –, die im märz 2007 als buch erscheinen werden.

 

david jasper: down through all christian minstrelsy.
genesis, james joyce and contemporary vocabularies of creation
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this essay is written as a creative exercise in literature and religion, not merely critical, but a playful intertext with other writings ‑ above all the book of genesis and james joyce's last great work, finnegans wake, which explores the nature of language as creative: the creative word. its theology is much indebted to the fertile imagination of the american 'death of god' theologian, thomas j. j. altizer.

dr. david jasper, professor für "literatur and theologie", direktor des centre for the study of literature, theology and the arts, department of theology and religous studies, university of glasgow, forschungsschwerpunkte: theologie und moderne literatur, theologie und ästhetik, sprache und liturgie, glaube und kritik, theologie und bildende künste.

 

peter tschuggnall: johannes chrysost wolfgang gottlieb mozart
versuch über seinen glauben und sein verhältnis
zu religion und kirche
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2006: wie 1991: wie 1956: ein mozart-jahr. am 27. januar 1756 wurde der "musikus" geboren, dessen religiosität, dessen ringen um die ganze palette des menschseins und dessen suche nach sinn sich in musik ausgewiesen finden.

ddr. peter tschuggnall ist vergleichender literaturwissenschaftler und theologe und unterrichtet an höheren schulen religion, ethik und sport. publikationen zum spannungsfeld wissenschaft, kunst und religion, u.a. "theoart. betrachtungen zu literatur, musik und religion im spannungsfeld von ästhetik und theologie", 2004. herausgeber der buchreihe "im kontext. beiträge zu religion, philosophie und kultur" im verlag mueller-speiser.

 

hubert gaisbauer: aufmerksamkeit fordernd,
aber zugrunde interpretiert: paul celan
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mit der deutschen sprache, die "unverloren" blieb, obwohl sie die sprache der mörder war, suchte paul celan nach den "tausend finsternissen todbringender rede" standort, orientierung und wirklichkeit für sein leben. die religiöse dimension in seinen gedichten hat viele autoren beschäftigt, viele aber haben in ihren interpretationen dem dichter fast gewaltsam christliche konnotationen abzuringen versucht.

prof. hubert gaisbauer studierte germanistik und theaterwissenschaft in wien und war bis 1999 verantwortlich im orf hörfunk für gesellschaft und religion. er lebt heute als freier publizist in krems. zahlreiche veröffentlichungen und vorträge zu themen und personen aus dem spannungsfeld kunstliteraturtheologie.