die vorsichtige anmerkung einer
leisen ahnung von semier insayif ...
zwischen abgedrucktem und gelautetem text gibt es viele unterschiede. ich
möchte nur auf einen, wohlgemerkt, klitzekleinen hinweisen. im ersten fall
bleibt man als leserIn oder innerer hörerIn dem text vielleicht distanzierter,
möglicherweise auch gegenständlicher gegenüber. im zweitgenannten fall taucht
man, ob man will oder nicht, auf eine gewisse art und weise tiefer in die
wogen des textes ein. oder man wird von der lautenden stimme mit worten und
klängen des textes oder des gedichtes, wie in diesen beiden fällen, lauter,
also hörbarer umspült. wird also hörend teil eines sich ereignenden
textes … …
sie haben sicher schon die beobachtung gemacht, dass abgedruckte liedtexte
und der tatsächlich zu hörende, also der gesungene text (auf tonträgern
oder im rahmen eines konzertes) oft nicht ganz ident sind. vielleicht haben
sie sich auch schon ebenso oft die frage gestellt, was da eigentlich passiert
ist? wie das nur geschehen konnte? so, als ob der text dem/der performerIn im
vortrag abhanden gekommen sei. was wir ja allemal erhoffen, denn der text
sollte sich ja schleunigst von der hand in den mund, aber zuerst ja … vom
gehirn in die hand … von der hand aufs papier … vom papier ins gehirn … vom
gehirn in die kehle … von der kehle auf die zunge, um dann endlich ihre furchen
und papillen verlassend, abzuheben oder abzuspringen, um im ohr der hörerInnen
wiederum zu landen, um … …
im akt des sprechens und performens und also im ereignen eines sich lauthals ereignenden
textes, meldet der text scheinbar seine eigene stimme an (tut kund von seiner
unbestreitbar streitbaren lebendigkeit), einer stimme, die er vielleicht ja
immer schon besaß, noch bevor er überhaupt als text erfunden oder entdeckt oder
erhört wurde? oder hat er oder sie oder es (welches geschlecht hat ein text?),
der text nämlich, seinen/seine schöpferIn oder seinen/seine entdeckerIn vielleicht
gar sich selbst schreibend erfunden? sei´s drum. auf diesen umstand will ich weder
weiter, noch näher, noch auf eine sonst irgendwie geartete weise eingehen ...
…
so will der text sich möglicherweise immer wieder, von zeit zu zeit oder gar
permanent (wer soll das schon wissen?) verändern. er verändert dabei auch
gleich diejenigen mit, die ihm, dem text nämlich, ihre stimmen geliehen haben
… …
so entsteht und entstand scheinbar auch hier in diesem speziellen falle,
ein hauch von improvisation, von lebendiger bewegung des textes in der
begegnung mit seinem leser. dies soll eine öffnende haltung andeuten, dass
ein text nämlich oder ein gedicht, so auch diese texte und also diese beiden
gedichte und vielleicht überhaupt alle texte, geschichten und gedichte, die
je waren, sind, werden und also je gewesen sein werden, dass diese eben
möglicherweise nie ganz zu ende zu lesen, zu hören, geschweige denn zu
schreiben sind, also nicht fertiggestellt werden können und vielleicht auch gar
nicht sollen ... …
jeder text, jedes gedicht ereignet sich und schreibt sich immer wieder aufs
neue neu, aufs neue alt, aufs alte neu und aufs alte alt, und zwar zumindest immer
dann, wenn er, sie oder es gelesen wird. besonders, wenn er, sie oder es
laut gelesen wird. der zuhörer, die zuhörerin wird so zum autor, zur autorin,
wird zum text, zur geschichte, zum gedicht, in genau dem moment, in dem sie,
werte hörerin werter hörer, werte leserin, werter leser, den text, das
gedicht lesen, hören, singen, schreiben, … …
in dem moment verändern sie es und gleichzeitig werden sie verändert und sind
vielleicht schon verändert worden und wissen gar nicht mehr, ob sie noch sie selbst
sind oder sie es oder es sie und oder vielleicht doch schon immer ein
anderer, eine andere, ein anderes gewesen waren oder sein wollten oder eben
werden … wie immer sie auch wollen, wohl bekomms! … |